Schwäbische Zeitung vom 01.05.2012
Bericht: Rudi Heilig
Liederkranz und Sängerbund singen zur Fahnenweihe
Liederkranz und Sängerbund singen zur Fahnenweihe (Foto: Rudi Heilig)
In einer Zeit, wo viele Gesangvereine mit Existenznöten und Überalterung kämpfen müssen, scheint die Welt in Aulendorf noch in Ordnung zu sein. So auf jeden Fall war es am Sonntagabend in der katholischen Pfarrkirche St. Martin in Aulendorf zu sehen und zu hören. Eingeladen zu einem Kirchenkonzert hatte der Liederkranz Aulendorf aus Anlass seines 130-jährigen Bestehens. Zu diesem Jubiläum hat sich der Verein selber ein großes Geschenk gemacht, es galt eine neue Vereinsfahne zu weihen. Die Weihe nahm Pfarrer Anantham Antony vor. Mit Weihwasser besprengt, soll die Fahne den Menschen zur Freude und Gott zum Lobe dienen. Ferner soll sie auch junge Menschen ermuntern, Freude am Singen zu bekommen. Bürgermeister Matthias Burth dankte den vielen Aktiven für die Festgestaltung. Die neue Fahne sei auch künftig eine gute Visitenkarte für die Stadt.
Voller Stolz konnte Hansjörg Straub als Vorsitzender des Liederkranzes Aulendorf viele Ehrengäste und eine bestbesuchte Pfarrkirche begrüßen. Nach den großen Jubiläen 100 Jahre und 125 Jahre mit Pomp und Aufwand sind wir bescheidener geworden, so der Vorsitzende. Doch zusammen mit 130 Vereinsjahren das seltene Fest einer Fahnenweihe zu begehen, ist ein besonderer Meilenstein für den Liederkranz.
Die alte Vereinsfahne hat mehr als 130 Jahre auf dem Buckel, sie wurde damals schon vom Vorgängerverein Conkordia Aulendorf übernommen. Sie überlebte und erlebte zwei Weltkriege, 16 Vorsitzende und 14 Chorleiter. In dieser Zeit hat sie sich aufgerieben, verschlissen, der Zahn der Zeit hatte dem guten Stück übel mitgespielt. Vor finanziellem Hintergrund war die Neubeschaffung sowieso klar. Die Renovierung der aus dem Jahre 1881 stammenden Fahne hätte 5000 Euro gekostet, die Kosten der neuen Fahne liegen um 1000 Euro darunter. Dankbar konnte Straub von Spendern berichten, Sänger, Privatpersonen, Firmen und die Bürgerstiftung Aulendorf haben sich an der Finanzierung beteiligt.
Provokativ kam vom Vorsitzenden die Frage, braucht der Liederkranz Aulendorf überhaupt eine Fahne. Die vereinsinterne Diskussion brachte es aber schnell auf den Nenner. Es ist nicht nur ein rechteckiges, an einer Seite an einer Stange befestigtes Tuch, das die Farben oder Zeichen eines Landes, eines Vereines oder einer Gemeinschaft zeigt. Gerade in Aulendorf zeugen Fahnen eindrucksvoll am Christkönigsfest von Treue und Zuversicht.
So ziert die neue Vereinsfahne eine fünfseitige Lyra, bekränzt mit Eichenlaub und Lorbeer, Sinnbild für die Lied-Dichtkunst und Harmonie. Die Rückseite trägt das Stammwappen der Grafen von Königsegg, den bekrönten Helm, mit einem Busch aus roten Straußenfedern und goldenen Rauten. Damit wird die Verbundenheit mit dem Haus Königsegg-Aulendorf eindrucksvoll bekundet.
Das Kirchenkonzert wurde mit dem „Präludium in C“ einem Orgelsolo zum Einzug der Fahnen eröffnet. Der gemischte Chor des Liederkranzes sang Werke von Carl Phil. Emmanuel Bach und Felix Mendelssohn Bartholdy unter der Leitung von Ursula Jankowski, an der Orgel war Adrian Hänsler. Vier- und achtstimmig brillierten die Frauen, überzeugten sonore Bassstimmen und allesübertreffende Tenorstimmen. Solisten waren hier: Constanze Schmid, Sopran; Ingrid Sauer, Alt; Hansjörg Straub, Tenor und Stefan Straub, Bass. Besonders gefallen hatte ein Doppelquartett unter der Leitung von Hermann Marquart „Frieden dieser Welt“ sowie das Duett „Denn in seiner Hand (Psalm 95)“ vorgetragen von Gisela Straub (sie ist extra aus der Schweiz angereist) und Hansjörg Straub.
Den zweiten Teil gestaltete der Sängerbund Aulendorf als Patenverein. Gleich beim „Sancta Maria“ von Johannes Schweitzer konnten die vielen Besucher die klangreinen, wuchtigen Stimmen der 25 Männer im Alter von 45 bis über 80 Jahren mit großer Freude vernehmen. Beim „Te Deum“ von Joh. Walter Scharf und beim „Hymnus“ von Friedrich Silcher bestach die sehr gute, voluminöse Stimmbildung.
Gleiches war dann beim gemeinsamen Singen mit dem Liederkranz zusammen der Fall. Nach „Der Herr ist König“ und „Alles was Odem hat“ begleitete eine Bläsergruppe der Stadtkapelle dann insgesamt 65 Sängerinnen und Sänger beim Finale „Die Himmel rühmen“ von Ludwig van Beethoven. Nach nicht enden wollendem Beifall der begeisterten Besucher geleitete die gesamte Stadtkapelle die Festchöre zum benachbarten Gemeindehaus.